Nigeria, das Land der Hoffnung?

Nach jedem Tag lerne ich etwas Neues von diesem Volk hier kennen, auch wenn es nur eine Kleinigkeit ist. Manchmal erklären sich dadurch einige Sachverhalte aber oft werden immer wieder neue Fragen aufgeworfen, das ist wirklich spannend!

 

An den Sonntagen hat jeder den ganzen Tag Zeit so richtig sein Hobby auszuführen: Einige gehen Golfen, manche gehen Reiten, andere gehen in die Kirche, es gibt die Möglichkeit zum Mountainbiken oder einfach am Pool Chillen. Ich genieße dieChace momentan einfach alles ein Mal ausprobieren und erleben zu können, nicht nur auf der Baustellen, auch in der Freizeit.

 

Direkt neben dem Reiterhof gibt es einen Schießstand. Dort treffen sich jeden Sonntag morgen einige Schützen um ihre Bögen zu pflegen und die Pfeile durch die Luft sausen zu lassen auf Zielscheiben, die 30 bis maximal 90 Meter weit entfernt sind. Am ersten Sonntag während der EM Vorrunde schälten wir uns extra ein bisschen früher aus den Betten um selbst ein mal einen Bogen zu spannen. Es gibt einen Ersatzbogen, der von den Studenten zum Ausprobieren genutzt werden kann. Zu Dritt sind wir dort aufgekreuzt und uns wurde alles erklärt, wie wir den Bogen halten müssen, wie wir das Ziel anvisieren sollen, den Körper ganz ruhig halten, Ausatmen und Abdrücken sollen. Das erfordert eine gute Körperspannung, aber hat auch echt Spaß gemacht. Und wir haben einige Male den innersten Kreis auf der Zielscheibe getroffen! Wenn alle ihre Pfeile verschossen haben gehen wir gemeisam vor zu den Zielscheiben um die Geschosse wieder vorsichtig aus dem Styropor zu ziehen.

 

An einem anderen Sonntagmorgen habe ich mich morgens auf den Weg gemacht, um die Gegend um unser Camp herum zu erkunden. Normalerweise halten wir uns nur im Camp auf oder fahren eben raus, auf die Baustelle oder in die Stadt, jedenfalls weiter weg. Vom Auto aus habe ich schon oft die hohen Grenzmauern beobachtet, welche sich die wohlhabenden Nachbarn um ihr Grundstück herum bauen ließen, sodass ihre teuren Autos und sonstiger Wohlstand gesichert ist. Jetzt bin ich jedoch mal zu Fuß raus und viele haben mich schon komisch angeschaut, dass ich als Weißer einfach so auf der Straße herum laufe, aber wenn ich sie gegrüßt habe haben die meißten freundlich zurück gegrüßt. Nach fast jeder dritten Kreuzung gibt es entweder kleinere oder größere Kirchen, von den verschiedenen Religionen. Einen typisch afrikanischen Gottesdienst wollte ich auch mal noch erleben als habe ich einen Nigerianer mit Bibel in der Hand angesprochen und ihn gefragt zu welcher Kirche er geht. Er hat sich total gefreut und hat mich spontan mitgenommen. Zwei Straßen weiter sind wir dann in eine eher einfache Kirche mit Plastikstühlen auf dem nackten Beton, Wellblechdach über einer zielich großen Grundfläche eingetreten. Dort wurde ich dem Prediger und anderen vorgestellt die glaube ich positiv überrascht über meine Ankuft waren. Einzelne wollten gleich meine Handynummer haben.  Insgesamt waren noch nicht viele Gläubige da, trotzdem fing der Prediger auf der Bühne an zu singen und immer mehr strömten in die Kirche. Eine kleine Band im Hintergrund begleitete ihn und nach und nach stimmten immer mehr in den Gesang ein. Zwischendurch wurden immer wieder Mantras gesprochen und von der Gemeinde wiederholt. Das Ganze war eine zielich laute Angelegenheit, als wollten sie sicherstellen, dass Gott sie im Himmel wirklich hört. Einen Umschlag für Spenden habe ich auch gleich bekommen. Viele spenden hier wohl einiges vo ihrem Gehalt um in den Himmel zu kommen. Gut dass ich gar kein Geld dabei hatte, so musste ich gar nicht groß überlegen. Zu Beginn habe ich erfahren, dass der Gottesdienst ca drei Studen dauert. Deswege habe ich gleich gesagt, dass ich nicht so lange dableiben kann und habe mich dann irgendwann raus geschlichen. Auf dem Weg zurück habe ich noch bei einer riesigen katholischen Kirche anehalten. Auf das Gelände bin ich nur durch Sicherheitskontrollen gekommen um sicher zu stellen, dass ich keinen Sprengstoff bei mir hatte. Dort ging es dann schon etwas europäischer zu, mit einem Pfarrer, der gepredigt hat und einer Gemeinde die auf Holzbänken saß und ruhig zugehört hat. Es ist wirklich unglaublich wie viele hier jeden Tag in die Kirche gehen und wie ernst ihnen der Glaube ist. Da es oft mals an der Allgemeinbildung fehlt wird die Bibel als Grundlage und Maßstab in vielen Lebensbereichen genommen.

 

Ende Juni ist einer unserer goßen Träume wahr geworden: Eine Studentin von uns arbeitet im Steinbruch und hat es organisieren können, das wir dort ein Mal die richtig großen Baumaschinen fahren dürfen. Samstags wird dort auch nicht mehr mit voller Auslastung gearbeitet, deswegen hat uns der Sprengmeister erlaubt dass wir mit den Fahrern quatschen und sie uns ihre Geräte zeigen. Am Hang werden Erdmassen mit kräftigen Raupen auf die Seite geschoben und mit den größten Radladern im Land auf einen Haufen geschütet sodass der Fels sichtbar wird. Dieser wird dann weggesprengt und mit riesen Löffelbaggern in einer Grube auf gigantische Dumper verladen und weggefahren um sie weiter zu zerkleinern. Diese ganzen Maschinen wurden für uns in die Grube geschickt sodass wir dort damit rumfahren dürfen. Der Dumper und die Raupe waren nach einer kurzen Einweisung relativ einfach zu bedienen, jodoch die Radlader und Bagger im Griff zu haben mit den zwei Joysticks, das war schon anspruchsvoll! Da kann eine falsche Bewegung schon viel kaputt machen... So kann ein Samsag-Vormitag-Arbeitstag doch auch sehr angenehm seinJ In der Nacht zuvor hatte es auch noch geregnet, sodass wir durch ca. 30-40 cm tiefe Pfützen geheitzt sind, und sogar kleine Krokodile gesehen haben, das hat mega viel Spaß gemacht!!! Ein Spielplatz für Erwachsen:)

 

Am darauffolgenden Sonntag sind wir auf eine Farm gefahren, die ca eine Autostunde entfert von der Stadt liegt. Am Anfang fuhren wir noch bequem auf dem Airport-Expess-Way bis wir irgendwann abbogen auf holperige Buschstraßen. Da waren wir froh über die Pickups mit dem hohen Radstad. Wenn es frisch geregnet hat dann ist es manchmal unmöglich die Farm zu erreichen, da ausgetrocknete Flussbetten wieder zum Leben erwachen. Auf der Farm angekommen wurde uns das Gelände von Rebecca gezeigt. Sie macht dort ihr FSJ und kommt uns ab und zu in der Stadt besuchen, daher kannten wir sie schon. Die Farm wurde von einer Deutschen aufgebaut mit Gemüseanbau um die lokalen Märkte beliefern zu können. Außerdem spielt der christliche Glaube eine große Rolle, der sowohl beiden Mahlzeien wie auch im Gebetsraum praktiziert wird.Jedes Jahr kommen einige Freiwillige aus Deutschland, die auf der Farm mithelfen. Gekocht wird auf offenem Feuer, gewohnt wird in Lehmhüten mit Strohdächern und das Wasser kommt aus einem lokalen Brunnen.

 

Seit einigen Jahren gibt es auf der Farm auch eine Schule, um den Kindern von den umliegenden Dörfern eine Bildungsmöglichkeit zu bieten. Am Anfang war es wohl nicht einfach die Eltern davon zu überzeugen ihre Kinder in die Schule zu schicken, da sie in der Zeit eine Arbeitskraft zu Hause verlieren. Mittlerweile haben zum Glück Einige realisiert was der Unterricht bewirken kann. Momentan gibt es 60 Schüler und an dem Gebäude wird immer weiter angebaut. Die Kinder werden grob in zwei Kindergartenklassen und in vier Schulklassen eingeteilt, wobei das nicht so richtig nach dem Kriterium Alter geschieht, da dieses nur geschätzt werden kann. Eines der obersten Richtlinien der acht Lehrer (Lokale und Deutsche) ist es die Kinder nicht zu schlagen. Am Anfang waren die Kinder nicht gewohnt, dass es auch noch eine andere Möglichkeit der Sanktion gibt aber mittlerweile klappt das wohl ganz gut. Nach der Sechsten Klasse werden sie auf eine weiterführende Schule geschickt.

 

Mittags gabs leckeren Reis mit Bohnen aus der Schüssel mit einem Löffel. Wir saßen unter einem Strohdach welches auf einem Dachstuhl aus Bambusholz befestigt war. Es regnete leicht und der Wind wehte angenehm unter dem Dach hindurch. Es war total angenehm ruhig. Das vermisse ich wirklich manchmal in der Stadt. Diesen Bezug zu den richtigen Einheimischen oder das Leben im Busch. Der moderne Nigerianer in der Stadt ist oftmels überfordert, habe ich das Gefühl. Im Gegenteil dazu kennen sie sich in der Natur unheimlich gut aus und Leben dort ganz anders als wir Europäer. Vielleicht gefällt es mir deswegen dort so gut. Wenn ich mal rauskomme aus dem deutschen streng bewachten Camp und dem deutschen luxuriosen Leben tut das echt gut. Ich will ja auch etwas von Afrika erleben.


Nachmittags bekamen wir noch einen Vortrag über nigerianische Traditionen von einem Nigerianer, der seit sechs Jahre mit einer deutschen Frau verheiratet ist. Daher konnte er uns die Themen Begrüßung, Kleidung, Geschenke, Wertvorstellungen, Sicherheit und Vorurteile ganz gut erklären und mit deutschen Einstellungen vergleichen. Was mich am meisten verwundert hat zu hören ist wie er erzählt hat, dass arme Nigerianer zum Beispiel sehr gerne Lebensmittel verschenken, wenn sie ausreichend davon haben. Sollten wir soetwas angeboten bekommen sollen wir es dankend annehmen, auch wenn wir es in dem Moment nicht brauchen, ansonsten fühlen sie sich gekrängt. Im Gegensatz dazu verschenken wohlhabende Nigerianer scheinbar selten etwas da sie Angst haben alles zu verlieren, wenn man ein Mal damit anfängt. Sie wollen immer nur mehr haben, können nicht genug bekommen, was unter anderem zu Korruption führt. Ein zweiter Gedanke der mir noch nie so bewusst war ist das wir Deutschen in der Regel sehr unvorsichtig sind. Natürlich ist es gefährlich unterwegs zu sein in Afrika da ein Menschenleben viel weniger Wert ist und es ganz andere Bedingungen gibt als in Mitteleuropa: Wetterverhältnisse, wilde Tiere usw. Wir sind es größtenteils in der Heimat gewohnt, dass es kaum Kriminalität gibt und dass wenn etwas passiert innerhalb von 10 Minuten Polizei, Feuerwehr oder ein Krankenwagen da ist. Diese Vorraussetzung gibt es in Nigeria einfach nicht (außerhalb des Berger Camps) und das ist vielen nicht so bewusst. Naja, es ist immer wieder gut sich solche Dinge klar zu machen!

 

Gegen Ende meinte unser „Dozent“ dass es zwar schlimm ist was alles so in Afrika passiet, aber dass er große Hoffnung hat in Nigeria, dass sie es schaffen weg zu kommen von der Korruption, eine durchsichtige Demokratie entwickeln können und die vorhandenen wirtschaftlichen Einnahmen gleichmäßiger verteilt werden. Das Ganze sei jedoch nur aus eigener Kraft möglich, ohne Hilfe von fremden Ländern oder ausländischen Firmen. Ich weiß nicht genau wo er die Hoffnung her nimmt aber es klang irgenwie überzeugend.

 

Die Fußball-Europameißterschaft haben wir natürlich auch gebührend in Nigeria gefeiert. Durch die Zeitverschiebung haben die ersten Spiele in der Vorrunde immer schon um 17 Uhr begonnen. Unser Projektleiter war jedoch so nett, dass er uns zu vielversprechenden Spielen erlaubt hat einen Fersehr mitzubringen, sodass wir im Besprechungszimmer einige Male außergewönliche Meetings hattenJ Die Elektrikabteilung hat uns einen Anschluss auf die Baustelle gelegt und der Kollege mit der größten Bilddiagonale hat dann seinen Fernsehr immer mitgebracht. Das war echt cool, auch mal mit anderen Kommentatoren aus Südafrika, nich nur die aus ARD und ZDF.

Außerdem haben wir auch ein Tippspiel auf der Baustelle gemacht, welches die Gespräche außerhalb der Arbeit auch immer sehr dominiert hat. Das hat wirklich Spaß gemacht und ich habe am Schluss sogar den zweiten Platz belegt! Die Deutschlandspiele haben ja immer erst später begonnen, sodass wir diese im Clubhaus im Camp anschauen kommen. Dort war meißtens viel los und wir haben mitgefiebert mit der deutschen Mannschaft! Leider haben sie es dann nur ins Halfinale geschafft, aber es war trotdem ein Erlebnis das Finale azuschauen mit dieser überragenden spanischen Mannschaft!

 

Eine Situation wie sie sich immer wieder wiederholt morgens auf unsererm Weg zur Arbeit muss ich jetzt doch mal hier beschreiben, da es irgendwie so typisch ist für die Verhaltensweise hier im Verkehr. Also stellt euch vor wir fahren auf einer vielbefahrenen zweispurigen Straße auf eine Kreuzung zu. Natürlich ohne Ampel. Auf der Straße steht ein kleines Häuschen aus dem manchmal ein Polizist raus kommt und versucht den Verkehr zu regeln. Trotzdem läuft es meistens so ab, dass wenn wir Glück haben und dicht genug an der Stoßstange des Vordermanns kleben durch kommen ohne lange warten zu müssen. Dann stauen sich rechts und links schon die Autos, die über die Straße wollen und zwar nicht alle hintereinander, sondern nebeneinander. Über die ganze Breite der Fahrbahn, bis zu sechs Autos nebeneinander. Sollte es dann irgenwann eine kleine Lücke geben dann stößt der Erde vor und alle die neben ihm stehen natürlich auch. Das gleiche passiert auf der gegenüberliegenden Straße bis sich sechs Autos oder noc mehr in der Mitte der Straße gegenüber stehen und niemand mehr weiter kommt. Dann geht ein großes Hupkonert los, die Autos stellen sich quer jeder versucht sich irgendwie durchzudrücken. Sollte man da rein kommen dann ist die große Herausforderung ruhig zu bleiben und abzuwarten. Irgendwann kommt man schon wieder raus, überraschender weise meistens ohne Unfall, Dellen, höchstens ein paar Kratzer.

 

Ende Juli hatten wir hier ein besonderes Event in der Stadt: Ein Freund von der Farm lud uns zu einer 90er Party in Abuja ein. Diese Events werden immer wieder von einem Bekannten (Mann von einer die an der deutschen Botschaft arbeitet) von ihm organisiert. Wenn man für das Ganze im Vorraus rechtzeitg eine Eintrittskarte ergattert, dann kommt man in den Genuss von vielen verkleideten Weißnasen die auf die Musik einer bestimmten Zeit tanzen, sich beim Buffet all you can eat verköstigen, bei der Bar all you can drink bedienen lassen oder einfach nur draußen stehen zum quatschen. Das war  echt lustig, schon nachmittags als wir Studenten zusammen auf den Markt gefahren sind um uns mit Verkleidung der 90er einzudecken. Letztendlich hatten wir alle etwas von Hip Hop bis underground Raver. An dem Abend selbst dann lerneten wir einige andere Europäer aus den Botschaften oder aus anderen großen Firmen kennen. Das war echt interessant, denn normalerweise treffen sich die einzelnen Nationalitäten Abends unter sich und man geht eher selten raus, auch wegen den Anschlagsdrohungen. Aber bei dieser Party war wirklich alles gut abgesichert und kontrolliert. Nicht jeder konnte einfach so herein und die Masse war überschaubar. Deswegen haben wir die Chance genutzt und haben ausgelassen gefeiert, auch wenn wir am nächsten morgen (Samstag) früh zur Arbeit raus mussten und dabei noch ein bisschen neben der Spur waren...