Halbzeit in der Regenzeit

Die Zeit im Ausland verfliegt wirklich gefühlt drei Mal so schnell wie zu Hause. Wir unternehmen natürlich auch einiges, aber jetzt ist schon die Hälfte meines Aufenthalts in Nigeria vorbei! In den Nachrichten hört ihr wahrscheinlich vor allem negatives aus dem Land, von Entführungen oder dem Flugzeugabsturtz lezte Woche in Lagos. Das beschäftigt uns natürlich viel und man muss vorsichtig sein. Aber ich habe auch einiges Positives zu berichten:

 

Ca. eine halbe Autostunde von Abuja entfernt liegt ein streng bewachter Trinkwassersee am Usumadamm, welcher mit einer breiten Straumauer künstlich entstanden ist. Direkt am Wasser gibt es von der Firma drei Strohhüten, welche gebucht werden können und einen Grill mit überdachter Sitzgelegenheit. Im Hintergrund steht eine gemaurte Küche mit Toiletten daneben. Ich habe schon zwei Ausflüge an diesen ruhigen Ort mitgemacht, leider ohne Übernachtung bisher. Das erste Mal waren wir wandern auf einen Felsen, durch dschungelartige Wälder und am See entlang zurück. Das zweite Mal haben einige von uns die Mountainbikes mitgenommen und wir sind ein mal um den See herum gefahren, ca 30 km. Da gibt es viele kleine Trampelpfade, jedoch kaum wirklich steile Abfahrten, da wir in der Nähe des Ufers gefahren sind. Anschließend gab es immer eine leckere Grillerei zu der jeder etwas mitgebracht hat: Salate, frisch gebackene Ciabata, Rinderfillet, Würstchen... Da kann man es richtig gut gehen lassen. Letztes Mal wollten wir unbedingt mal raus auf den See paddeln. Also haben wir das Boot,  welches schon länger nicht mehr benutzt worden ist,  von Wasser befreit und sind mit zwei viel zu langen Paddeln losgepaddelt. Wir kamen nicht besoders schnell voran, trotzdem hatten wir viel Spaß. Am Ufer direkt gibt es einige gefährliche Tierchen im Wasser, die Bilharziose verbreiten, deswegen solle man wenn, dann in der Mitte des Sees schwimmen aber auch darauf haben wir dann verzichtet.

 

Abesehen von der Hitze in Afrika ist der Regen ein ganz besonderes Wettereignis. Jetzt in der Regenzeit gibt es fast jede Nacht ein Gewitter mit heftigen Schauern. Das dauert meistens nur ein bis zwei Stunden, dann aber so richtig. Tagsüber regnet es selten, teilweise fängt es abends schon an. Das hat zur Folge, dass die Luft morgens einigermaßen abgekühlt ist und es nicht mehr so sehr staubt. Sollte ein Mal ein Tag bzw. eine Nacht trocken bleiben, dann ist es nachts annäherungsweise so warm wie tagsüber und selbst ohne Decke im vorgekühlten Raum ist es fast zu warm zum Schlafen. Manche schlafen dann mit angeschalteter Klimaanlage im Zimmer, aber das ist mir zu laut. Wenn es nicht regnet, staut sich außerdem das Wasser am Himmel zusammen und dann krachts das nächste Mal um so mehr!

 

Das verwunderliche an der ganzen Sache ist, dass sich kaum jemand beklagt über den Regen. Klar, die Menschen gewöhnen sich daran, aber es hat auch kaum negaive Auswirkungen. Natürlich ist es nervig, wenn abends der Fernseher keinen Empfang mehr hat. Dann funktioniert meist auch das Telefon und Internet nicht, aber dann beschäftigen wir uns eben anders. Im Gegenteil, die meisten sind froh, wenn es regnet, denn das bedeutet auch Wachstum auf den Feldern und Trinkwasser. Die Infrastruktur ist in der Stadt soweit in Ordnung, dass das Wasser größtenteils gut ablaufen kann.

 

In der Erinnerung an den deutschen Regen dominieren die negativen Aspekte: Es wird meist kalt, ungemütlich und man bleibt besser zu Hause. Hier beobachten wir selten den Wetterbericht und wenn es eben anfängt zu regnen, dann wird man vielleicht ein bisschen nass, aber bei 35°C wird man auch schnell wieder trocken. Deswegen habe ich noch nie meine Regenjacke hier angezogen, abgesehen von den drei Pullis, die ich dabei habe. Die werde ich wahrscheinlich unbenutzt wieder mit nach Hause nehmen...

 

Am letzten Wochenende im Mai, ärgerte ich mich das erste Mal über den Regen, denn wir veranstalteten bei uns vor dem Studentenhaus das erste Preka Camp Festival. Im „Life Camp“, auf der anderen Straßenseite wohnen die ganzen Familien, außerdem gibt es dort die ganzen Freizeitangebote: Pool, Fußballplatz, Volleyballfeld, Clubhaus und Supermarkt. Für größere Events kann ein extra Grillplatz gemietet werden, mit Überdachung und Musikanlage, aber wir wollten bei uns, direkt vor dem Haus feiern, im Camp für Studenten und Singels. Das war natürlich ein gewisser Aufwand, da unsere Ansprüche ziemlich hoch waren. Aber letztendlich haben wir doch einiges auf die Beine gestellt: Ein frisch lackierter Baucontainer als Pool, mit Decken und Folien ausgekleidet, Lichterketten und Strahler in den Bäumen, eine Cocktail Bar unter einem Pavillion, Stehtische und ein Feuerkorb. Manuel, einer der Studenten, ist am Montag darauf wieder nach Deutschland geflogen, deswegen war es auch seine Abschiedsparty. Wir anderen Studenten haben jedoch auch einige Kollegen der Baustellen eingeladen und die ganzen Nachbarn um uns herum, sodass sich zum Glück auch keiner wegen dem Lärm beschwert hat:)

 

Am Samstagabend, kurz bevor die Gäste kommen wollten hat es dann angefangen zu regnen, super! Das kann man natürlich nie so ganz genau vorhersehen. Wir haben zwar damit gerechnet, dass es nass werden könnte, aber wir waren vor allem optimistisch. Deswegen sind dann einige leider gar nicht gekommen, bzw. erst später. Unsere organisierte Livebend ist drei Stunden später gekommen und hat dann in einer Regenpause aufgebaut. Nach ca. fünf Songs musste sie dann jedoch abbrechen weil es wieder angefangen hatte zu gewittern, dieses Mal so richtig. Also haben wir alles so langsam in eines unserer Wohnzimmer gebracht. Dort war es zwar ein bisschen eng, aber die Stimmung war gut. Um Mitternacht haben hat es nur noch leicht von den Bäumen getropft, also haben wir draussen den Feuerkorb wieder angeschmissen und dort weiter getanzt, sind in den Pool gesprungen und gefeiert bis in die frühen Morgenstunden! Im Nachhinein war es zwar doof, dass es gerade an dem Abend wieder mal so geregnet hat, auf der anderen Seite, hatten wir trotzdem unseren Spaß, auch wenn es mehr im kleinen Kreise war.

 

Was die Kommunikation angeht, verstehe ich mittlerweile so ziemlich alles, was die lokalen Mitarbeiter auf Englisch sprechen. Sie sprechen einen Dialekt, der Pitchen Englisch genannt wird und echt nicht einfach ist, vor allem, wenn er schnell gesprochen wird, besonders am Telefon. Das Beste aber an der Handynummer ist überhaupt, dass die meisten hier als Vorwahl 08 15 haben, das ist der Running Gag schlecht hin . Die SMS der Einheimischen sind noch abendteuerlicher, hier ein Beispiel: „Hi, hopeU weren’t 2 disappointd by d Bayern game yesterday. Wantd 2 catch up wiv U, how are U n d boiz doin? I spoke with d band n she can do it. Can U talk 2 d guys and n me know? See U 2moro” In Kanada waren die Abkürzungen schon gewöhnungsbedürtig aber beim Zweiten mal lessen ist dann alles klar. Dass Chelsea im Champions League Finale gewonnen hat, wurde natürlich groß gefeiert, hier in der ehemaligen britischen Kolonie, und wir Deutschen sahen alt aus. Ja, wirklich schade, dass es nicht geklappt hat für die Münchner, im eigenen Stadion! Aber wir hoffen natürlich das Beste für die Deutschen in der EM!

 

Über den Blick in die Zukunft und das Organisationstalent der Afrikaner schimpfen einige. Vor kurzem wurde mir von einer möglichen Erklärung berichtet, dass sie nur selten an morgen oder übermorgen denken, da sie eigentlich schon immer, zu jeder Jahreszeit die Möglichkeit hatten sich gut zu ernähren. Im Gegensatz dazu mussten viele Europäer für den Winter vorbereitungen treffen, sodass sie nicht verhungern. Wie viel Einfluss das wirklich auf die heutige Gesellschaft hat, weiß ich nicht. Aber es ist immer wieder interessant, mehr über das Volk heraus zu finden. Und somit bin ich gespannt, was ich noch alles erleben werde!