Vancouver

Ich weiß nicht, wie oft ich diesen Spruch schon gehört und selbst gesagt habe: „Wer sucht, der findet!". Aber das verblüffende ist, dass ich immer wieder feststellen muss, das es einfach stimmt. Man muss sich oftmals selbst zur unangenehmen Suche motivieren, das ist nicht einfach. Vor allem bei lästigen Fragen wie „Wie kann ich am vorteilhaftesten meine bisherigen Arbeitserfahrungen auf einem Blatt Papier präsentieren?" hat man schnell die Lust verloren. Aber ich habe mich durchgebissen, mich bei insgesamt mehr als 50 Jobs beworben, leider nicht besonders viele Rückmeldungen bekommen aber letztendlich doch immerhin 2 Angebote erhalten. Das eine war als Landschaftsgärtner und das andere als Maler. Für beide Unternehmen habe ich testweise gearbeitet und habe mich dann für letzteres entschieden. Bei „College Pro Painters" sind echt super nette, hauptsächlich Studenten angestellt und der Manager ist auch erst 21 Jahre alt. Wir verstehen uns echt super und ich genieße es, dass fast nur draußen gearbeitet wird, solange es nicht regnet.

 

Zwischen meinen Bewerbungen habe ich immer wieder mit anderen Sachen beschäftigt um nicht allzu schnell frustriert zu werden. Zum Beispiel habe ich mich mit einer guten Freundin getroffen, die ich in Mont-Tremblant, Quebec anfang des Jahres kennen gelernt habe. Sie hat gerade Ende Juni Vancouver besucht, vor ihrem Rückflug nach Deutschland. Zusammen haben wir eine Randtour gemacht an einem super sonnigen Tag, das war echt toll!

 

Während der ganzen Jobsuche habe ich bei Nicholas, dem Couchsurfer im Wohnzimmer auf einem Feldbett geschlafen. (Einzimmerapartment) Mittlerweile ist er echt schon ein guter Freund. Er konnte mit gute Tipps und Hinweise geben und mich sogar an ein paar Freunde weiter empfohlen. Das fand ich echt super nett.
Ende Juni habe ich mich nach einem eigenen Zimmer umgeschaut, habe viele WGs besichtigt aber nichts wollte mir so richtig zusagen. Nur eins hat mir richtig gut gefallen, dafür habe ich mich jedoch zu spät zurück gemeldet. Wenn man etwas tolles gefunden hat sollte man nicht so lange darüber nachdenken, sondern es einfach nehmen. Das habe ich daraus mal wieder gelernt!
Letztendlich hat mir Nicholas angeboten, dass ich bei ihm weiter wohnen kann, von ihm aus. Das ist natürlich ein super Angebot, da wir beide gerne kochen, ewig diskutieren können und beide das Unterwegs und draußen-sein genießen. Also habe ich ihm zugesagt. Wir teilen die Miete ein bisschen, ich schlafe immer noch im Wohnzimmer und er in seinem Zimmer. So hat jeder seinen Rückzugbereich. Trotzdem gibt es noch genug Platz für weitere Couchsurfer. Zum Beispiel waren letzte Woche 2 Koreaner zu Besuch für 3 Nächte. Es ist einfach toll auf diese Art und Weise Menschen aus der ganzen Welt kennen zu lernen. Ich werde das in Deutschland auch anbieten!

 

„Vancouver ist die attraktivste Großstadt Canadas, ihre Lage zwischen Küstengebirge, Fraser River und Ozean ist unübertroffen. Strände und zahlreiche grüne Parks prägen das Stadtbild." Das habe ich vor kurzem wieder in einem Reisebericht gelesen und kann dem nur zustimmen. Erst hatte ich mir überlegt in einem Nationalpark oder einem Campingplatz zu arbeiten, also so völlig in der Natur. Jetzt habe ich jedoch hier den Job in der Stadt und kann trotzdem oft und vor allem schnell in die menschenleere Natur, wegen der tollen Lage. Das ist einfach klasse.
Das ist auch der Grund, warum ich an den letzten Wochenenden oft mit Nicholas und seinen Freunden mit zum Wandern in die Umgebung gekommen bin. Auf den Berggipfeln gibt es noch Schnee und man hat eine atemberaubende Sicht auf die Stadt, auf Vancouver Island, auf die Berge oder auf den Ozean. Das ist einfach traumhaft! Weitere Wochenenden mit sogar Zelten sind in Planung!

 

Ein zusätzlicher Plus Punkt an Vancouver ist die Tatsache, dass wirklich immer etwas los ist. Irgendwo ist immer eine besondere Veranstaltung, Konzert, Ausstellung... auf was man eben so Lust hat. Die letzten 2 Wochenenden war eins der größten Events in der ganzen Stadt: das Jazz Festival. Zwischen 2 langen Wochenenden mit großen Open-Air Konzerten und Programm für den ganzen Tag wurden in der Woche dazwischen viele kleine Konzerte angeboten, in Cafés, Clubs, Schauspielhäusern oder auch Kinos. Bei 2 Konzerten war ich insgesamt und habe echt tolle Künstler mit anderen Freunden zusammen bewundert. Ich finde, dass Musik hier vor allem Jazzbereich freier und noch unbeschwerter gespielt wird als in Mannheim/Deutschland. Die Musiker machen alles über Blickkontakt, Zuschauer mit Instrumenten sind jederzeit willkommen mit zuspielen und es geht einfach alles übers Gehör. Niemand denkt dabei, habe ich das Gefühlt. Das würde ich auch gerne können...

 

Was natürlich auch nicht vergessen werden darf ist der 1. Juli: Canada Day, Nationalfeiertag. Ich habe nur einen halben Tag gearbeitet. Marco, auch ein Couchsurfer aus Deutschland kam zum Abendessen und anschließend sind wir gemeinsam in die Innenstadt gefahren bei gigantischem Sonnenuntergang. Die ganzen Bühnen und Stände vom Tagesprogramm für Familien wurden langsam abgebaut und eine großer Umzug wurde durch die Innenstadt veranstaltet. Zum Abschluss des Tages gab es in der milden Nacht ein Feuerwerk. Auch spät in der Nacht haben wir keinen betrunkenen Menschen angetroffen, alles hat einen sehr ordentlichen und friedlichen Eindruck gemacht, trotz den Menschenmassen. Das liebe ich an Kanada!

 

Langsam hat sich hier wirklich so etwas wie Alltag bei mir eingependelt: Morgens gehts mit dem Rad und Skytrain zur Arbeit und Abends kochen Nicholas und ich zusammen, essen mit anderen Freunden oder genießen einfach die leicht salzige Abendluft auf dem Balkon.
Die meisten Häuser, die wir streichen sind leider nicht direkt bei mir um die Ecke, deswegen muss ich noch mit dem „Luftzug" fahren, ca 15 min. Das mache ich aber gerne. Ich finde es immer sehr faszinierend, dass diese Gleise in der Luft die Züge ohne Fahrer/Pilot tragen. Dort oben gibt es ja auch keine Ampeln oder so. Der Zug hält nur an den Haltestellen und alle 3 Minuten kommt der Nächste. Das finde ich echt super.

 

Ja, so kann ich die Zeit hier wirklich genießen! Natürlich freue ich mich auch schon wieder total darauf, bald wieder nach Deutschland zu kommen, aber der Abschied wird mir hier nicht leicht fallen! Bin gespannt, was mich noch alles in der Stadt am Pazifik erwartet!