Zu Zweit 3000 Kilometer durch BC

Gestern ist sie leider einfach so wieder nach Hause geflogen: Lea, meine Freundin aus Deutschland. Ziemlich genau vor vier Wochen habe ich sie am internationalen Flughafen abgeholt, nach dem wir uns 8 Monate lang nicht gesehen haben. Dementsprechend vorsichtig war ich erstmal: Ist noch alles so wie damals, im Sommer 2008, in Mannheim? Wenn nicht, was hat sich verändert? Klar, jeder hätte sich das wahrscheinlich gefragt, aber die Freude war einfach so groß, als wir uns wieder gesehen haben, dass alle Bedenken wie weggeblasen waren.
Wir haben bei Couchsurfer Nicholas für die ersten Tage in der größten Stadt Westkanadas bleiben können und haben die Zeit genutzt um zu planen. Schließlich haben wir uns erst für eine Inlandstour entschieden: Die Nordroute zum Jasper National Park, dann in den Süden zum Banff National Park um schließlich an der Grenze zu Amerika wieder nach Vancouver zurück zu fahren. Vancouver Island sollte das Highlight am Ende sein. So weit der Plan.

 

Nach einigen kleinen Fahrradtouren um Vancouver kennen zu lernen und vielen Berichten über das neueste in der Heimat haben wir uns bald auf den Weg gemacht nach Whistler. In diesem Dorf in den Bergen werden die olympischen Winterspiele 2010 ausgetragen. Dafür wird jetzt natürlich alles vorbereitet: Angefangen von den Autobahnzufahrten über die Unterkünfte bis hin zu den Pisten. Das beinhaltet teilweise ganz schön große Naturveränderungen! Aber ich denke, dass es sich lohnt. Als Erinnerung haben wir uns beide ein Olympia-T-Shirt gekauft.
Abgesehen davon ist Whistler eigentlich nur ein kleines Touristendorf mit einem gigantischen Skigebiet. Noch jetzt, im Juni, fahren die verrücktesten Typen mit ihren Snowboards in der Gondel bis zum Gipfel. Dort gibt es einen Gletscher mit wohl tollen Schneeverhältnissen. Naja, warum nicht? Gleichzeitig fahren Mountainbiker die unteren Pisten im Dreck herunter, fliegen über Schanzen oder fahren im Slalom. Auch sie können ihre Räder mit in den Lift nehmen! Man könnte es als einen Ort der Extremsportler bezeichnen, schon jetzt, vor der Olympiade.

 

Weiter gefahren sind wir im Ford bis in den Wells Gray Park mit einem Zwischenstopp auf einem tollen Campingplatz in Lillooet. Das ist echt unkompliziert, da wir im Auto schlafen können und nichts groß aufbauen oder einrichten müssen. Eine Parkbank mit Tisch gibt es eigentlich bei jedem Stellplatz. Diese haben wir natürlich immer zum Essen genutzt und Trinkwasser gibt es bei den Waschhäusern. Was braucht man mehr?
Auf dem Weg haben wir uns öfters über die Autobahnen gewundert. Die Wörter Autobahn, Landstraße oder Umgehungsstraße werden im englischen alle mit „Highway" übersetzt. Das heißt, es ist durch aus normal, dass es auf dem Highway Ampeln und Zebrastreifen oder Kreuzungen mit Stopp-Schildern gibt. Daran muss man sich erst mal gewöhnen! In den Bergen trifft man dann bei besonders scharfen Kurven auf „Maximum 20 km/h" Schilder und bei steilen Abhängen gibt es „Run away lanes". Das sind Schotterpisten, die von der Straße abzweigen und meist steil bergauf in die Natur führen in der Hoffnung dass dort die Fahrzeuge, deren Bremsen versagen, unbeschädigt zum stehen kommen. Das macht so richtig Mut, kann ich euch sagen! Zum Glück haben uns unsere Bremsen nicht im Stich gelassen, nur einmal sind sie heiß geworden und haben gestunken wegen zu häufigem Gebrauch. Deswegen mussten wir sie richtig abkühlen lassen, aber am nächsten Morgen war alles wieder in Ordnung! Uff!

 

Im recht großen Wells Gray Park haben wir eine total tolle Wanderung gemacht zu den viert größten Wasserfällen Kanadas! Der Weg ging, wie viele andere, die wir schon gelaufen sind, durch einen der großen dichten Tannenwälder und über viele kleine Bäche. Teilweise lag sogar noch Schnee am Boden und wir waren mit unseren kurzen Hosen unterwegs! Die Lufttemperaturen haben das zugelassen, aber der Boden war teilweise noch gefroren.
Wenn man dann direkt vor den Fällen steht, kann man erst mal nichts sagen: Zwischen Eisschollen stürzt das Wasser mit einer gewaltigen Wucht die Felsen hinunter und wird, unten angekommen, in Wasserdampf aufgewirbelt. Man kommt sich vor wie in einer großen Hexenküche in der Unmengen von Wasser für ein bestimmtes Rezept gebraucht werden. Das erstaunliche ist, dass das Wasser einfach nicht aufhören will zu fließen, auch nach 5 Minuten tobt es noch, auch nach 10 Minuten, auch nach 20 Minuten... Irgendwann sind wir dann gegangen, obwohl es immer noch ununterbrochen weiter geflossen ist. So im Nachhinein denkt man: Ist doch klar! Aber wenn man direkt davor steht, finde ich das beeindruckend!

 

Die überall angepriesenen Nationalparks Jasper und Banff liegen nicht mehr in British Columbia („The Best Place on Earth") sondern in der Nachbarprovinz Alberta. Das bedeutet auch eine Stunde Zeitverschiebung. Insgesamt haben wir uns nicht besonders lange in den Nationalparks aufgehalten, da man erst mal einen total überteuerten Eintrittspreis zahlen muss und es dann letztendlich auch nicht mehr zu sehen gibt als drum herum. Campingplätze sind dort auch besonders teuer. Ich frage mich, warum trotzdem so viele Urlauber dort jedes Jahr hingehen.
Zwischen Jasper und Banff liegt der Icefield Parkway. Das ist wirklich eine Sensation für sich. Man hat dort solch einen atemberaubenden Blick auf die Gletscher, auf die langen und scharfen Felskanten und auf die steilen Abhänge sodass man erst mal langsam machen muss. Das schroffe Geröll rechts und links vom Highway ist im Winter wahrscheinlich auch von einer dicken Eisschicht bedeckt. Immer wieder haben wir angehalten um tolle Bilder von den in der Sonne glitzernden Gipfeln zu machen. Mit dem Wetter hatten wir wirklich Glück. Wirklich geregnet hat es eigentlich nur 2 Mal in den 4 Wochen und das zu der Jahreszeit!

 

Nach diesem Naturspektakel sind wir eine raue Schotterstraße (Forestry Trunk Road) in den Süden gefahren. In der Zeit sind wir kaum einer Menschenseele begegnet, über lange Strecken. Schnell kann man da nicht fahren, deswegen ist uns die Strecke ewig lange vorgekommen. Von der tollen Aussicht hatte vor allem Lea bald genug. Auch dort haben wir während des Fahrens ein spannendes Hörbuch gehört, aber irgendwann kommt man doch ins Schwitzen, nicht nur wegen der Hitze, auch weil die Tankanzeige sich immer weiter der Null zuwendet und es hier so etwas wie Tankstellen nicht zu geben scheint. Zum Glück haben wir es letztendlich doch noch ins nächste Kaff geschafft!

 

Kurz vor Calgary wurden wir gezwungen einen längeren Stopp zu machen, da ein Verbindungsstück zum Motorkühler undicht war. Das passiert bei den Temperaturschwankungen, meinte der Mechaniker in der Werkstatt. Das zu ersetzende Teil gab es natürlich nicht vorrätig, bei der alten Kiste, musste also erst bestellt werden. Während der Lieferzeit haben wir einige Tage meinem Freund Nathan in Calgary besucht, obwohl wir dort ursprünglich nicht hin wollten. Doch es hat sich gelohnt: Wir haben mal wieder in einem richtigen Bett geschlafen, in einer gut ausgestatteten Küche gekocht und sind in der Innenstadt zwischen den Wolkenkratzern auf ein tolles Straßenfest gegangen.

 

Als so weit alles wieder lief, haben wir nach einer Übernachtung in der Nähe von Golden Eva, Klaus und Alexander in Sicamous besucht. Eine tolle nette deutsche Familie, die sich um Motorboote in der Umgebung kümmert. An einem der glasklaren Gebirgsseen waren wir schwimmen und haben uns am Ufer gesonnt!
Richtig heiß wurde es wenig später im Okanagan Valley. Diese Region wird als das Italien Kanadas bezeichnet, da es immer so warm ist. Wein wird an den Bergen angepflanzt und man fühlt sich wirklich ein bisschen wie am Mittelmeer. Deswegen haben wir dort nicht viel unternommen, sondern haben uns einfach in den Schatten gelegt bzw. die Klimaanlage im Auto voll aufgedreht. In solchen Momenten vermisst man besonders eines: einen Kühlschrank! Mit kalter Milch direkt aus dem Supermarkt und frischen Bananen haben wir uns trotzdem einen Milchshake gegönnt:)

 

Direkt an der Grenze zum Staat Washington liegt der Manning Park. Auch dort waren wir nicht die einzigen deutschen Reisenden. Immer wieder hört man Deutsche um sich herum sprechen oder es gibt sogar Schilder auf Englisch und Deutsch! Das finde ich ja schon sehr komisch. Wo sind wir denn hier? Aber man muss sich ja auch nicht immer selbst als Deutsche zu erkennen geben. Das macht manchmal richtig Spaß:)

 

Schneller als erwartet waren wir dann schon wieder in der Vancouver Region. Außerhalb der Stadt haben wir eine Nacht auf einem Campingplatz verbracht, auf dem es hauptsächlich Dauercamper gab. Das ist schon komisch. Um große Städte herum gibt es das oft, dass dann die Menschen einen richtigen Garten vor ihrem Wohnmobil anlegen oder eine Terrasse bauen und ähnliches. Manche leben sogar richtig in ihrem Wohnwagen, 365 Tage im Jahr!
Bald haben wir uns dann am nächsten Morgen wieder von dieser seltsamen Gemeinschaft verabschiedet und haben uns auf den Weg gemacht zur Fähre. Diese hat uns direkt nach Victoria gebracht. Nach so viel Natur haben wir uns richtig gerne in den Straßen der Hauptstadt British Columbias treiben lassen. An der Hafenfront sind wir entlang geschlendert, haben tolle Schiffe bewundert und natürlich auch das Denkmal besichtigt, das den Beginn des Trans-Kanada-Highways markiert. Jetzt habe ich es wirklich geschafft: Ich bin, mit einigen Umwegen, aber letztendlich doch komplett durch das ganze Land gefahren. Ja, ich habe den ganzen Kontinent Nordamerika durchquert. Darauf bin ich wirklich ein bisschen stolz:)

 

Langsam aber sicher haben wir uns dann zur Westküste der Insel bewegt. Auf dem Weg haben wir bei Attraktionen wie einem Markt mit Gänsen auf dem Dach (wir haben leider nur eine zu Gesicht bekommen) angehalten. Im Pacific Rim National Park haben wir uns einen tollen Campingplatz ausgesucht, direkt im Regenwald. Geschlafen haben wir zwischen riesigen Bäumen und waren trotzdem direkt am Ozean. Nur wenige Meter zu Fuß entfernt liegt dort ein Sandstrand, wie aus dem Paradies: vom Sand bearbeitetes Treibholz liegt an der Grenze zum Wald. Direkt danach kommt super feiner und tagsüber heißer Sand, auf dem man bei Ebbe ewig weit laufen kann. Im Hintergrund immer das Rauschen der Wellen. Beim Sonnenuntergang waren wir dort fast die einzigen am Strand und haben es einfach nur genossen. Am nächsten Morgen haben wir wenige Schritte entfernt zwischen den Felsen Seesterne und Muscheln bewundert. In allen Farben haben sie sich uns präsentiert und wir konnten gar nicht genug bekommen.

 

In Tofino, einer der zwei kleinen Städtchen an der Westküste haben wir eine Fahrt mit dem Motorboot gebucht. Whale Watching nennt sich der Spaß, für den man in dicke Anzüge mit integrierten Schwimmwesten eingepackt wird. Wind und Wasser soll er vor allem auf offener See abhalten. 8 dick eingepackte Touristen, uns eingeschlossen sind also an einem Dienstagnachmittag losgezogen in einem schnellen Motorboot. Zwischen den Inseln ging es hindurch, auf peitschenden Wellen zu speziell auserwählten Plätzen. So durften wir Robben beim Sonnen beobachten, besonders selten schöne Vogel bei Fischfang zusehen und natürlich die Wale beim Luft holen bewundern. Einige Male habe ich es versucht mit der Kamera den Moment festzuhalten, wenn das große Säugetier die Fontäne aus sprüht, aber mir ist es leider nie so richtig gelungen, denn das geht ganz schön schnell!

 

Nur schwer konnten wir uns von diesem wunderschönen Plätzchen verabschieden, doch bevor wir mit der Fähre wieder zurück gefahren sind, wollten wir noch ein bisschen die Ostküste der Insel entdecken. In der Nähe von Comox zum Beispiel haben wir eine der letzten Nächte auf vier Rädern verbracht. Insgesamt hat uns der Teil der Insel nicht ganz so gut gefallen, jedoch haben wir es dort zum ersten Mal erlebt, dass ein Campingplatz total ausgebucht war. Da wir nie eine Reservierung hatten, sind wir also auf gut Glück weiter gezogen und haben dadurch eine gute Alternative gefunden. Langsam fängt also die Hochsaison an und unser Urlaub geht zu Ende. Ich denke, dass es gut so ist, denn so wurden wir nicht so sehr von der Touristenflut belästigt und konnten uns eigentlich immer sehr ausbreiten und Zeit lassen, wo immer wir wollten.

 

Von Nanimo aus haben wir die Fähre zurück aufs Festland genommen. Mit einem weinenden Auge haben wir die schöne Insel verlassen, doch das Auge andere hat schon nach Vancouver, der Stadt mit den sympathischen Menschen geschaut. Dort wo wir gemeinsam begonnen hatten, konnten wir auch unsere Reise beenden, bei Nicholas im Apartment. Trotz dem, dass er geschäftlich unterwegs war, hat er uns seinen Schlüssel zukommen lassen und wir haben das letzte Wochenende in vollen Zügen genossen. Das war echt super von Dir, Nicholas! Danke!
Leider waren die vier Wochen dann schon wieder zu Ende. Nach einem letzten super leckeren Frühstück mit Obstsalat, Pan Cakes und natürlich Maple Sirup habe ich Lea wieder an den Flughafen gebracht. Der Abschied fiel jedoch nicht allzu schwer, da es ja jetzt nur noch 3 Monate sind, und dann komme ich auch wieder nach Deutschland! Von dem gleichen Terminal aus werde ich dann ebenso fliegen!

 

Bis es so weit ist, werde ich den Sommer hier an der Pazifikküste verbringen. Da der Geldbeutel nicht mehr ganz so dick ist, werde ich mir einen letzten Job in Kanada suchen. Vielleicht in einem der großen Parks, außerhalb der Stadt, in den Bergen oder auf der Insel. Das wäre toll. Wenn das nicht klappt werde ich sicherlich etwas in Vancouver finden, jetzt in der Hochsaison, ich bin für fast alles offen und gespannt, was sich ergibt!